Was Projektion bedeutet und wie sie das Miteinander erschweren kann

Alle | 26. Dezember 2022

Projektion: Eine Definition

Bei der Projektion handelt es sich laut tiefenpsychologischer Lehre um einen Abwehrmechanismus. Abwehr bedeutet, dass unerträgliche innere Impulse (Wünsche, Vorstellungen, Emotionen) - unbewusst - so kompensiert werden, dass eine psychische Entlastung eintritt. Dabei handelt es sich grundsätzlich nicht um ein krankheitswertiges Phänomen. Wenn Abwehr übermäßig und starr auftritt, wird sie allerdings problematisch. Welche Abwehrmechanismen in Erscheinung treten, ist unter anderem vom Reifegrad der Persönlichkeit abhängig.

Projektion bedeutet, dass eigene Eigenschaften, Impulse, Wünsche, Emotionen, die abgelehnt werden (weil sie bspw. moralischen oder gesellschaftlichen Vorgaben nicht entsprechen) nach außen übertragen werden - meist auf andere Personen oder Gruppen.

Beispiele:

Jemand ärgert sich immer wieder über die vermeintliche Faulheit und Untätigkeit seiner Arbeitskollegen. Mittels Projektion schützt er sich davor, sich mit dem eigenen ausgeprägten Bedürfnis nach Muße und Entspannung auseinanderzusetzen, wofür er als Kind bestraft wurde (und fortan übermäßigen Fleiß und selbstausbeuterisches Verhalten entwickelte).

In einer Beziehung sind wir übermäßig eifersüchtig und werfen unserem Partner unbegründet Untreue vor. Damit verbergen wir, dass wir selbst mit jemand anderem flirten (und vermeiden damit verbundene Schuldgefühle).

Menschen, die anderen häufig Egoismus vorwerfen, ist ihr eigenes selbstbezogenes und ausbeuterisches Verhalten möglicherweise nicht bewusst. Oder sie erlauben sich aufgrund einer übermäßigen Strenge gegenüber sich selbst kein angemessenes Maß an Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen und reagieren mit derselben Strenge auf diese Eigenschaften bei ihren Mitmenschen.

Problematische Folgen 

Das durch Projektionen gezeichnete Bild von Eigenschaften der Mitmenschen ist verzerrt. Denn bei projizierten Inhalten handelt es sich um bei sich selbst abgelehnte, bekämpfte Themen - und nicht um die anderer Personen. Man könnte auch formulieren, dass mittels einer Projektion dem Objekt der Projektion ein unbegründeter Vorwurf gemacht wird. Während dieser Vorgang zwar zu einer kurzfristigen emotionalen Entlastung führt, können langfristig verschiedene problematische Folgen für das Miteinander entstehen (siehe Beispiele oben): Verstrickungen, Streit, Abwertungen. Projektionen können Beziehungen erheblich belasten.


Identifikation und Rücknahme von Projektionen

Unbewusste Abwehrmechanismen bei sich selbst aufzuspüren ist herausfordernd und zugleich sehr lohnenswert. Wenn der Blick auf Mitmenschen um Projektionen bereinigt wird, entsteht ein harmonischeres Miteinander, unter anderem weil wir überlegter handeln und weniger verzerrt über andere urteilen. Damit ist ein gewisser Aufwand an Selbsterkenntnis und -akzeptanz verbunden.

Eigenen projizierten Anteilen können wir uns nähern, indem wir uns fragen, 

- worüber wir uns bei anderen immer wieder ärgern und aufregen

- worüber wir regelmäßig lästern und uns empören 

- was wir regelmäßig neiden

- worauf wir unverhältnismäßig emotional reagieren.

Wenn solche Inhalte identifiziert wurden, geht es darum zu beleuchten welchen Bezug diese mit ungeliebten Aspekten der eigenen Persönlichkeit oder ungelösten inneren Konflikten zu tun haben. Auf welche problembehafteten eigenen Themen oder abgelehnten Eigenschaften können die emotionalisierten Blicke auf andere hindeuten? 

Diese gilt es bewusst zu erkennen und zu akzeptieren, wobei das nicht unbedingt leicht fallen mag.

Aus der neuen Selbsterkenntnis entsteht eine Entlastung in Beziehungen durch Rücknahme von falschen Zuschreibungen und Urteilen. Bereichert werden Beziehungen dann zudem durch ein höheres Maß an Differenziertheit, Authentizität und Flexibilität.

                                               


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