Verdrängung als Abwehrmechanismus
Bei der Verdrängung handelt es sich um einen Abwehrmechanismus. Abwehr bedeutet, dass unerträgliche Emotionen, Gedanken, Erinnerungen oder innere Motive ("Triebimpulse"), die Angst, Scham oder Schuldgefühle auslösen könnten, vom bewussten Erleben ferngehalten werden. Diese Vorgänge der Abwehr sind uns - wie die Inhalte um die es dabei geht - nicht bewusst. Abwehr ist per se nicht krankhaft, sondern ein universales menschliches Phänomen; ein Leben ohne Abwehrmechanismen ist nicht vorstellbar.
Abwehr ist als - mal mehr und mal weniger hilfreicher - Bewältigungsversuch schwierigen inneren Erlebens zu verstehen. Sie hilft uns, innerpsychische und zwischenmenschliche Konflikte zu kompensieren und uns emotional zu entlasten. Manche Abwehrmechanismen (bspw. Humor und Sublimierung) ermöglichen kreative und künstlerische Leistungen. Wenn Abwehr jedoch besonders starr und ausgeprägt in Erscheinung tritt, kann das problematische Folgen haben und psychische Belastungen oder gar Erkrankungen auslösen.
Verdrängung bewirkt das Fernhalten von Unerträglichem, Bedrohlichem, Störendem im inneren Erleben von der bewussten Wahrnehmung. Damit entspricht sie der allgemeinen Natur der Abwehr (s.o.), wobei die Verdrängung in ihrer Funktion, Inhalte in das Unbewusste zu verschieben, die Grundlage für alle weiteren Abwehrvorgänge darstellt. Andere Abwehrmechanismen können als Kombination aus Verdrängung und einem weiteren Abwehrvorgang beschrieben werden.
Beispiele für weitere Abwehrmechanismen sind Regression, Isolierung, Projektion, Ungeschehenmachen, altrustische Abtretung, Introjektion, Spaltung, Verkehrung ins Gegenteil, Wendung gegen die eigene Person, Identifizierung mit dem Aggressor.
Verdrängung kann auch als unbewusstes, absichtsvolles Vergessen bezeichnet werden. Sie unterscheidet sich vom üblichen Vergessen dadurch, dass übliches Vergessen einen inaktiven Vorgang darstellt, bei dem Erinnerungen verblassen. Bei der Verdrängung werden Inhalte hingegen aktiv aus dem Bewussten ferngehalten. Das Verdrängte kann sich entgegen dieser aktiven Zensur andere Wege bahnen und z.B. in Träumen zutage treten oder auch in ungünstigen Verhaltensmustern oder Symptomen zum Ausdruck kommen.
Freud unterschied zwischen Urverdrängung und eigentlicher Verdrängung. Die Urverdrängung schafft die ursprüngliche Unterscheidung zwischen Bewusstem und Unbewusstem, während die eigentliche Verdrängung das Verdrängt-Sein aufrecht erhält und darüber entscheidet, ob weitere, verwandte Inhalte der Verdrängung unterliegen sollen.
Beispiele für Verdrängung
Jemand begehrt die beste Freundin seiner Partnerin. Dies ist ihm nicht bewusst, deutet sich jedoch in Träumen an.
Eine homoerotische Neigung entzieht sich komplett der bewussten Wahrnehmung, damit eine bevorstehende Heirat und Familienplanung nicht gefährdet werden.
Ein Kind wird auf dem Schulweg von einer Gruppe Jugendlicher bloßgestellt. Es erinnert sich später nicht mehr an das Ereignis, erleidet aber regelmäßig Schwindelgefühle, wenn es den Ort des Geschehens passiert.
Zur Bedeutung weiterer Abwehrmechanismen schau' auch in meine Artikel über Projektion und Spaltung. Grundlegende tiefenpsychologische Begriffe findest du hier zusammengefasst.